Beeindruckend gleichberechtigt!

Wie mich ein Austausch mit jungen Menschen nachhaltig beeindruckt und wirklich optimistisch werden lässt.

Ich studiere zur Zeit berufsbegleitend. Die Präsenz-Veranstaltung am vergangenen Wochenende wurde wieder zu einem Erlebnis: Ich mag es sehr, zu lernen. Vom Professor vorbereitet, in der Gruppe vertieft, hole ich mir neues Wissen ab, verbinde es oftmals mit meinen praktischen Erfahrungen aus vielen Jahren mit Beruf und Familie, denke Gehörtes weiter, ergänze es um Neues und sehr gerne auch um Theoretisches.

Meine Mitstudierenden sind zum Teil halb so alt wie ich. Ich treffe auf kluge junge Frauen und Männer, die noch nicht so lange, mit sehr verschiedenen Lebensläufen und starker Präsenz im Leben stehen. Sie sind reflektiert und vertreten mit großer Selbstverständlichkeit – ohne überheblich zu sein – ihre Standpunkte. Das bereichert unsere Diskussionen während der Vorlesung und in den Pausen außerordentlich.

Seit einiger Zeit beschäftigt mich (mal wieder) verstärkt die Frage der Gleichberechtigung (m/w/d). Vielleicht, weil ich bald 50 werde; weil meine Söhne groß sind und Freundinnen haben; weil ich auf mein Berufsleben fast schon zurückschaue und hin und wieder überlege, welche Weichen ich gerne anders gestellt hätte; weil ich noch lange genug arbeiten darf, um Neues auszuprobieren und mich darauf zu freuen… Das Thema hatte ich also unbewusst im Gepäck, als ich mit dem Rad zur Uni fuhr.

Und so dockte ich an, immer wieder ergaben sich Bezüge. Eine Kommilitonin sagte: „Wenn mein Freund und ich die Wäsche zusammengelegt haben, …“ Wir sprachen über gemeinsame Elternzeit („natürlich!“) oder Work-Life-Balance, übers Kochen und Einkaufen („zusammen!“) oder über gleichberechtigtes Faulsein und die Schlagbohrmaschine („Die können nicht nur die Jungs bedienen!“). Hier tut sich was, bin ich froh!

Ich wünsche diesen jungen Menschen, dass ihnen Sätze erspart bleiben wie: „Das ist bei uns nicht üblich“ (Kind ausnahmsweise mit ins Büro genommen) oder „Sie haben allen Kolleg*innen eine Stunde Zeit gestohlen“ (Kuchen mitgebracht) oder „Mehr Gehalt erst wieder bei Vollzeit“ oder „Jetzt arbeitest Du ja nur, damit Du mal raus kommst“ oder „Du bist bloß schwanger geworden, damit Du nicht mehr arbeiten musst“ oder „Du bist doch eh Zuhause, dann kannst Du die anderen Kinder auch betreuen“ (Kindergartenschließtage) oder „Ich kann mir das nicht leisten, zu reduzieren“ (Ehemann) oder „Du gehst vor dem Chef nach Hause?“ oder oder…

Ich wünsche diesen jungen Menschen die Erkenntnis, dass es darum geht, Dinge zu erledigen – völlig egal, wer sie übernimmt oder wie gesellschaftliche Konventionen es implizieren: Jede*r kann Familie und Haushalt und jeder*r kann/darf/muss arbeiten. Dafür braucht es Zeit, die sie hoffentlich finden. Dafür muss sich hoffentlich irgendwann niemand mehr rechtfertigen. Ich wünsche den jungen Menschen, dass sie als Paare und als Arbeitnehmende/Arbeitgebende im Austausch miteinander bleiben, aufgeschlossen und selbstbewusst, gleichberechtigt und völlig selbstverständlich.

Der Wandel im Denken und Handeln wird spürbar werden, und ich hoffe inständig, dass es keine Generationen mehr dauert. Nach diesem Wochenende bin ich guten Mutes!

Foto: Kathrin Fechner

K Fechner
Kathrin Fechner
fressbefreit@gmail.com

Kathrin Fechner ist Rheinländerin in Stuttgart, außerdem leidenschaftliche Schreiberin zu vielen Themen, die sich insbesondere aus ihrem turbulenten Familienleben mit 3 pubertierenden Söhnen, ihrer Sportbegeisterung und ihrer persönlichen Gesundheitsbiografie ergeben. Kathrin leistet glücklich Hintergrundarbeit im kirchlichen Dienst.

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