Stimmen zur Pflege zur Bundestagswahl: Direktkandidatin für die Grünen – Maria Heubuch

Ausbildung und Beruf
• Seit 2020 gilt die generalistische Pflegeausbildung in Baden-Württemberg. Welche Erfahrungen machen Sie mit den ersten Jahrgängen? Was läuft gut, wo müsste man noch nacharbeiten?

Es ist eine gute Entscheidung, dass alle künftigen Pflegekräfte in den ersten beiden Jahren ihrer Ausbildung die gleichen Inhalte in Theorie und Praxis erlernen. Mit der Neugestaltung der Pflegeberufe ist die Ausbildung vielfältiger und damit attraktiver geworden. Wir sind also auf dem richtigen Weg . Ich halte auch den Ansatz von Minister Manne Lucha für richtig, die Selbstverwaltung der Pflegekräfte durch die Einführung der Pflegeberufkammer zu stärken.

• Wie schätzen Sie die Entwicklung des Arbeitsmarktes ein? Zeigt die „Konzertierte Aktion Pflege“ der Bundesregierung Wirkung?

Die Pflegekräfte in Deutschland erwarten zurecht, dass sich etwas an ihren Arbeitsbedingungen, ihrer Bezahlung und ihrem Aufgabenfeld verändert. Ich finde, es war ein überfälliger Schritt, dass sich verschiedene Akteure der Pflegebranche mit der sogenannten „Konzertierten Aktion Pflege” um Lösungen gegen den Pflegenotstand bemüht haben. Doch klar ist auch: Jetzt muss eine konsequente Politik folgen. Viele weitere Verbesserungen sind notwendig, die alle Geld kosten werden. Der alten Bundesregierung fehlte noch die Idee, wie sie die Mehrkosten finanzieren will. Wir Grüne fordern die Einführung einer Pflege-Bürgerversicherung, mit der einerseits die Finanzierung der Pflege gerecht verteilt und andererseits die Beiträge stabil gehalten werden. Um Pflegebedürftige und ihre Angehörigen finanziell zu unterstützen, wollen wir zudem eine Deckelung der Eigenanteile an den Pflegekosten.

• Für welche Rahmenbedingungen im Arbeitsleben weiblicher Pflegefachkräfte möchten Sie sich einsetzen?

Menschen, die in Care-Berufen wie der Pflege arbeiten, haben eine große Verantwortung, das Gehalt ist immer noch zu gering und die Arbeitsbedingungen sind oft schlecht. Das muss sich ändern. In der Pandemie war die Situation besonders schwierig. Die Missstände wurden wie unter einem Brennglas sichtbar. Der Frauenanteil liegt bei rund 80 Prozent, und die Frauen arbeiten überwiegend in Teilzeit, oft schlecht bezahlt trotz großer Verantwortung. Hier stehen wir vor der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, den Pflegeberuf attraktiver zu machen, für jedes Alter und alle Geschlechter. Unternehmen sollen auch regelmäßig verpflichtend über die Bezahlung von Frauen und Männern und ihre Maßnahmen zum Schließen des eigenen Gender Pay Gap berichten. Wo Lohnlücken nicht geschlossen werden, braucht es ein Verbandsklagerecht, um gegen Entgeltdiskriminierung von Frauen vorzugehen.

Pflege der Zukunft
• Wie möchten Sie die ambulante Pflege unterstützen?

Die Situation in der ambulanten Pflege ist angespannt. Es muss ein Ruck durch Deutschland gehen, damit der Pflegenotstand nicht weiter zur Pflegekatastrophe wird. Dazu müssen wir alle Kräfte bündeln, um mehr Menschen für die Arbeit in der Pflege zu gewinnen, aber auch Arbeitsbedingungen sicherzustellen, das ganze Berufsleben in der Pflege tätig sein zu können. Es wird Zeit für eine Pflegereform, die den Namen tatsächlich verdient. Pflege braucht auch mehr Wertschätzung. Ich setze mich konkret für attraktivere Arbeitsbedingungen, eine bessere Bezahlung und eine angemessene Personalausstattung ein.

• Wie möchten Sie die stationäre Pflege ausbauen?

Entscheiden sind die Fachkräfte. Ich möchte eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, mehr eigenverantwortliche Arbeit von Fachkräften, den Abbau unnötiger Bürokratie und die Ermöglichung neuer Arbeitszeitmodelle, etwa der 35-Stunden-Woche mit Lohnausgleich, Arbeitsbedingungen schaffen, unter denen viele Menschen – ganz neu, weiter oder wieder – gerne in der Pflege arbeiten. Das gilt so natürlich auch für die ambulante Pflege.

• Wie möchten Sie die häusliche Pflege und notwendige Unterstützungsdienstleistungen weiterentwickeln?

Wir wollen Menschen, die ihre Angehörigen pflegen, weil kurzfristig Unterstützungsstrukturen entfallen, stärker unter die Arme greifen. Es ist ein starkes Zeichen unserer gesellschaftlichen Solidarität, wenn Menschen bereit sind, sich für hilfsbedürftige Menschen einzusetzen. Es ist allerdings nicht hinnehmbar, dass Menschen unbezahlten Urlaub und damit finanzielle Einbußen in Kauf nehmen, um systematische Mängel auszugleichen. Für diese Menschen fordern wir mit der Pflegezeit Plus eine Lohnersatzleistung, die es ermöglicht, drei Monate die Pflege in der eigenen Häuslichkeit zu organisieren.

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Vanessa Lang
vanessa.lang@elke-wue.de

Vanessa Lang ist Referentin Kirche und Gesellschaft bei EFW. Sie beschäftigt sich nicht nur bei den EFW leidenschaftlich gerne mit dem Thema Nachhaltigkeit, sondern auch zuhause. Das neuste Projekt: ein eigener Permakultur-Garten.

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