03 Aug Muttersein in Haft (III): “Ich habe ambivalente Gefühle”
Mutterschaft im Gefängnis. Teil III unserer Interview-Reihe.
In unserer Interview-Reihe “Muttersein in Haft” wollen wir diejenigen Frauen zu Wort kommen lassen, deren Belange wir normalerweise nicht im Blick haben. Vielen Dank an Sabine Dietz, evangelische Theologin und seit 2018 Gefängnisseelsorgerin an der Frauenvollzugsanstalt Schwäbisch Gmünd. Sie hat für uns eine Mutter in Haft befragt, der wir für ihre Offenheit ebenfalls von Herzen danken. Alle Daten sind anonymisiert.
Die befragte Mutter Mutter ist 50 Jahre alt und hat mehrere Kinder im Alter zwischen zehn und 20 Jahren. Sie verbüßt eine langjährige Haftstrafe, die Kinder leben in einer Einrichtung.
Wie oft finden Kontakte zu den Kindern statt? Wie gestalten Sie den Kontakt mit ihnen?
Ich telefoniere jeden Tag mit meinen Kindern, manchmal sogar mehrfach. In der Corona-Zeit durften wir drei Mal im Monat für jeweils 20 Minuten skypen. Ansonsten gibt es zwei Mal im Monat Kinderbesuch für zwei Stunden und weitere zwei Stunden Regelbesuch (da dürfen die Kinder auch mit dabei sein). Insgesamt dürfen aber höchstens drei Personen zu Besuch kommen. Beim Kinderbesuch ist es möglich, selbst zubereitete Speisen mitzunehmen. Beliebt sind Pizza, belegte Brötchen und Marmorkuchen. Im Kinderbesuchszimmer gibt es auch Spiele, von denen sich die Kinder etwas aussuchen können (Uno, Scrabble, Stadt-Land-Fluss).
Wie fühlen Sie sich als Mutter im Strafvollzug?
Ich habe ambivalente Gefühle. Was immer da ist: ein schlechtes Gewissen und ein Gefühl der Schuld für das, was die Kinder durch die Tat nicht erleben dürfen.
Was wünschen Sie sich für die Beziehung zu Ihren Kindern?
Vor allem wünsche ich mir, dass der Kontakt zu den Kindern nicht abreißt. Schön wären häufigere Besuchsmöglichkeiten, nicht nur mit drei Kindern. Oder dass sie, wenn sie es brauchen, auch kurzfristig kommen dürfen. 20 Minuten Skype ist für meine Kinder einfach zu wenig. Sie haben dann nicht genügend Zeit, um mir das mitzuteilen, was ihnen auf dem Herzen liegt. Wenn die Kinder mich öfter anrufen könnten, wäre es leichter, Probleme direkt zu lösen. Das öffentliche Telefonieren auf der Abteilung ist oft schwierig.
Fällt es Ihnen schwer, Ihre Kinder bei anderen Personen zu wissen? Wie ist das Verhältnis zur „anderen“ Mutter ?
Anfangs war es sehr schwer, die Kinder der Pflegemutter zu überlassen. Inzwischen haben wir ein gutes Verhältnis, weil die Kinder dort in guten Händen sind. Sie können sich positiv entwickeln und entfalten. Besser hätte ich es selbst auch nicht gekonnt.
Haben Sie die Beziehung zur eigenen Mutter als schwierig erlebt?
Das Verhältnis zu meiner eigenen Mutter war, seit ich mich erinnern kann, schlecht. Ich habe sie als kalt und abweisend erlebt. So wollte ich zu meinen eigenen Kindern nie sein. Erst seit der Inhaftierung hat sich das Verhältnis gebessert. Das Verhältnis zu meiner Oma dagegen war liebevoll und gut.
Was gibt Ihnen Hoffnung bzw. Trost? Für sich selbst, aber auch in Beziehung zum Kind bzw. den Kindern?
Hoffnung gibt mir, dass jeder Tag mich der Entlassung ein Stück näher bringt. Es tröstet mich, dass es den Kindern gutgeht. Ich hoffe auf einen guten Kontakt zu den Kindern, auch in Zukunft.
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