17 Mai Ein Votum für die Liebe: Internationaler Tag gegen Homophobie
Am 17. Mai wird international der Welttag gegen Homophobie gefeiert. Wir haben mit der evangelischen Theologin und Journalistin Katharina Payk darüber gesprochen, warum es einen solchen Tag im Jahr 2019 mehr denn je braucht.
Frau Payk, wir feiern heute den Welttag gegen Homophobie, Transphobie und Biphobie. Können Sie uns etwas zu den einzelnen Begrifflichkeiten sagen?
Ich verwende viel lieber die Begriffe Homofeindlichkeit etc., da es sich eigentlich nicht um Phobien (Ängste, unter denen der_die Betroffene leidet) im eigentlichen Sinne handelt, sondern um Herabwürdigung und Diskriminierung von homo- und bisexuellen sowie trans* Menschen.
Brauchen wir einen solchen Tag im Jahr 2019 wirklich noch?
Wir brauchen ihn gerade 2019! Zwar gibt es einerseits in vielen Ländern der Erde Fortschritte in der Gleichberechtigung – zuletzt jetzt etwa die sog. Ehe für alle in Deutschland und Österreich –, aber auf der anderen Seite grausame Zuspitzungen der Verfolgung queerer Menschen, etwa die Lager in Russland, wo homosexuelle Menschen gefoltert und ermordet werden. Und auch hier ist ein reaktionärer Wind zu spüren. Momentan sind homo/bi- und transfeindliche Aussagen wieder voll salonfähig. Und davon abgesehen erleben queere Menschen in ihrem Alltag überall auf der Welt nach wie vor Ausgrenzung, Benachteiligung, Beschimpfung und Bedrohung.
Gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede im Zusammenhang mit homophoben Tendenzen: Werden homophobe Äußerungen eher von heterosexuellen Frauen oder von heterosexuellen Männern getätigt (oder gibt es dabei keine nennenswerten Unterschiede)? Sehen sich Lesben oder Schwule stärker mit homophoben Anfeindungen konfrontiert oder ist das in etwa gleich?
Lesbische Liebe ist nach wie vor eher unsichtbar in unserer patriarchalen Gesellschaft: Zwei Frauen ohne Mann sieht man nicht gerne, „das gibt es doch gar nicht“, ist eine gängige Haltung. Lesbische und bisexuelle Frauen werden zudem oft sexualisiert. Sie werden von heterosexuellen Männern mit deren Porno-Fantasien belästigt: „Darf ich mitmachen?“ ist ein vielgehörter Spruch.
Es gibt Studien die zeigen, dass Homofeindlichkeit mehr von Männern ausgeht. Homosexualität durchbricht klassische Geschlechterrollen. Viele Männer haben viel damit zu tun, ihre hegemoniale Männlichkeit immer wieder unter Beweis stellen zu müssen. Hetero Männer tun sich oft sehr schwer, ihre homoerotischen Aspekte zu reflektieren oder gar zuzulassen. Ein Weg sich nicht damit beschäftigen zu müssen, ist die Degradierung und Beseitigung alles Homosexuellen. Dies führt dann etwa zu Gewalt, vor allem gegen Schwule.
Sie sind evangelische Theologin. Welche Rolle spielt die Auslegung der Bibel im Kontext von Homophobie?
Es ist immer schwierig über „die Bibel“ zu sprechen, denn in den vielen verschiedenen Büchern der Bibel gibt es zu fast jedem Thema entgegengesetzte Aussagen. In der Bibel kommt Homosexualität, aber auch Heterosexualität, so wie wir sie heute kennen und (er-)leben schlichtweg nicht vor. Das, was wir vorfinden, sind Beschreibungen und Regelungen über Beziehungssysteme, die damals ökonomische und machtbezogene Hintergründe hatten.
Gerade beim Thema Homosexualität schwingen viele die Bibelkeule und werden plötzlich zu wortwörtlich auslegenden Christ_innen, wo sie sonst durchaus einen vernünftigen Umgang mit der Schrift hegen. Das ist Instrumentalisierung. Man darf seinen Hass auf homo- und bisexuelle, trans und intergeschlechtliche Menschen nicht mit seinem Glauben rechtfertigen.
Die Bibel votiert an vielen Stellen für die Liebe. Sie lädt ja förmlich dazu ein, auch das zu lieben, was erst einmal „fremd“ erscheint und eine_n unbehaglich stimmt. Feindlichkeit gegen Homo-/Bisexuelle, Transmenschen, Intermenschen oder auch Geflüchtete etwa geht meines Erachtens in keiner Weise zusammen mit einem christlichen Glauben.
Katharina Payk, geboren in Mannheim, ist evangelische Theologin, Journalistin und Lehrbeauftragte und wohnt in Wien. Sie schreibt u.a. für das feministische Magazin an.schläge und evangelisch.de.
Foto Katharina Payk: Carolina Frank
Beitragsbild: Pixabay, Public Domain
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