24 Nov “Es ist noch ein langer Weg”
Denise Katz, Landesreferentin Glaube und Gemeinde, hat sich in ihrer Masterarbeit mit der Zukunft des Ehrenamts bei den Evangelischen Frauen in Württemberg beschäftigt.
Frau Katz, erläutern Sie unseren Leser*innen doch bitte kurz, welche Aufgaben Sie bei EFW innehaben.
Ich arbeite als Landesreferentin im Arbeitsbereich Glaube und Gemeinde. Zum einen bin ich seit April 2021 für den Bereich weltweite Frauenökumene und dabei vor allem für die Vorbereitung des Weltgebetstages (WGT) in Württemberg zuständig. Mit einem ökumenischen Team und weiteren Referentinnen organisiere ich die Regionaltage, Werkstätten und weitere Angebote, um über das WGT-Land und die Gottesdienstordnung zu informieren, sich darüber auszutauschen und gemeinsam Ideen zur Umsetzung zu entwickeln. Zum anderen liegt mein Schwerpunkt auf der Arbeit für und mit Frauen in Kirchengemeinden und -bezirken: Seien es Vorträge in Frauenkreisen oder bei Frauenfrühstücken, Multiplikatorinnen-Veranstaltungen oder die Begleitung der Bezirksarbeitskreise Frauen (BAF). Um die BAF gut begleiten zu können, habe ich mir mit meiner Kollegin, Beate Hofmann, die Zuständigkeiten aufgeteilt: Sie ist für die engagierten Frauen in den Prälaturen Ulm und Reutlingen zuständig und ich in den Prälaturen Stuttgart und Heilbronn.
Vor kurzem haben Sie Ihre Masterarbeit zum Thema „Ehrenamtliches Engagement zukunftsfähig gestalten. Notwendigkeit und Entwicklung eines Konzeptes für das Freiwilligenmanagement der Evangelischen Frauen in Württemberg“ abgeschlossen. Womit haben Sie sich inhaltlich beschäftigt und welches Fazit konnten Sie ziehen?
Wie entwickelt sich das Engagement von Frauen innerhalb der Evangelischen Kirche und ganz konkret in der evangelischen Frauenarbeit zukünftig? Welche Trends lassen sich aus der aktuellen wissenschaftlichen Literatur herausarbeiten und wie können wir als Evangelische Frauen in Württemberg (EFW) darauf reagieren? – dies waren grundlegende Fragen meiner Masterarbeit. Die Ausgangssituation bildet dabei folgender Trend: Die Engagementquote bei den Menschen ab 14 Jahren in Deutschland nimmt laut dem Deutschen Freiwilligensurvey tendenziell zu. Das ist auch im Bereich „Kirche und Religion“ der Fall. In der Evangelischen Kirche konnte durch die dritte kirchliche Sonderauswertung des Deutschen Freiwilligensurveys allerdings herausgearbeitet werden, dass 77 Prozent des Engagements in den Kirchengemeinden erfolgt. Die ehrenamtliche Tätigkeit auf übergeordneten Ebenen, also beispielsweise der Bezirksebene, verliert hingegen an Attraktivität oder wird nicht immer als Engagementbereich wahrgenommen. Diese Entwicklung nehmen wir auch bei den EFW wahr: Die Bezirksarbeitskreise Frauen (BAF) sind – fast vollständig ehrenamtliche – Teams, die die Vernetzung, Vertretung und Förderung der Anliegen und Themen evangelischer Frauen in einem Kirchenbezirk übernehmen. Damit stellen sie eine wesentliche Säule der EFW dar und sichern die Kommunikation zwischen Gemeindeebene, Bezirksebene und Landesgeschäftsstelle. In den letzten Jahren ist allerdings ein Rückgang an engagierten Frauen in den BAF zu verzeichnen.
Mein Ansatz in der Masterarbeit ist es, mit einem Freiwilligenmanagementkonzept auf diese Entwicklung zu reagieren. Bestehende Konzepte sind allerdings teilweise sehr normativ und gleichzeitig kaum empirisch überprüft worden. Statt einem „One-Fits-All“-Ansatzes habe ich deshalb die Charakteristika der EFW als landeskirchliches Werk und die Besonderheiten der Engagierten auf Bezirksebene berücksichtigt und ein individuelles Konzept erarbeitet.
Dafür untersuchte ich zunächst die Schnittstellen der Bereiche ‚Frauen‘, ‚Kirche‘ und ‚Ehrenamtliches Engagement‘, setzte mich intensiv mit dem Wandel im Ehrenamt auseinander und führte außerdem eine Umfrage bei den Engagierten auf Bezirksebene durch. Dabei hatte ich eine Rücklaufquote von knapp 55 Prozent. Diese hohe Rücklaufquote ist eher untypisch, denn in der Regel rechnet man mit einem Rücklauf von ca. 15 – 20 Prozent. Dass so viele Frauen an der, mit ca. 50 Fragen ziemlich langen Umfrage teilgenommen haben und diese auch beendet haben, könnte auf ihr Interesse an der Thematik als auch ihrer Verbundenheit mit dem EFW-Netzwerk zusammenhängen.
Mithilfe der Literaturrecherche und vor allem dank der Ergebnisse aus der Umfrage konnte ich dann mein Konzept für das Freiwilligenmanagement bei den EFW entwickeln bzw. Empfehlungen festhalten. Manche von diesen reichen über die klassischen Schritte des Freiwilligenmanagements hinaus und beziehen sich auf strategische und grundlegende Fragestellungen. Andere hingegen sind sehr konkret und können direkt im Arbeitsbereich Glaube und Gemeinde umgesetzt bzw. weiterentwickelt werden.
“Es ist noch ein langer Weg”
Es ist noch ein langer Weg – so könnte mein Fazit vielleicht formuliert werden. Ein Konzept für das Freiwilligenmanagement einer Organisation lässt sich nicht rein wissenschaftlich erarbeiten und es ist dadurch auch noch lange nicht umgesetzt. Mit der Masterarbeit habe ich einen ersten Grundstein gelegt: ich habe die ehrenamtlich Engagierten auf Bezirksebene in den Fokus genommen und Veränderungspotentiale aufgezeigt. Nun gilt es, daran anzuknüpfen und gemeinsam, ehren- und hauptamtlich Tätige bei EFW, die nächsten Schritte festzulegen und anzugehen. Der Prozess dauert aber sicherlich einige Jahre, denn er betrifft das gesamte Werk EFW und bezieht sich an manchen Stellen auch auf das Freiwilligenmanagement auf Bezirksebene. Hier benötigt es offene Gespräche, klare Rollenverteilungen und ein gutes Miteinander, um so ehrenamtlich Engagierte bestmöglich zu unterstützen.
Welche Erkenntnisse haben Sie in Ihrer Arbeit besonders überrascht?
„Naja, bei Kirchens ist das ja immer so, kleiner Finger – ganze Hand!“ – dies antwortete mir eine Frau in einem Gespräch, als es um ihr ehrenamtliches Engagement im kirchlichen Raum ging. Während meiner Masterarbeit ist mir immer wieder aufgefallen, dass sich das Bild der ehrenamtlich engagierten Frau an vielen Stellen und insbesondere im kirchlichen Kontext seit Jahren, gar Jahrzehnten kaum geändert und an gesellschaftliche Veränderungsprozesse angepasst hat. Doch das ehrenamtliche Engagement und vor allem das Mehrfachengagement von Frauen ist keine Selbstverständlichkeit. In einer Ehrenamtsbefragung der EKD im Jahr 2012 übernahmen ehrenamtlich Engagierte durchschnittlich vier Aufgaben in der Kirchengemeinde und auch die Teilnehmerinnen meiner Befragung übernahmen durchschnittlich vier Aufgaben im kirchlichen Kontext und wer weiß, wo sie noch überall engagiert sind. Es ist wichtig, dass Kirche Raum für ehrenamtliches Engagement bietet, doch es sollte nicht zur Belastung werden und auch nicht von den Frauen erwartet werden. Aus diesem Grund sollten ehrenamtlich Engagierte auf allen Ebenen in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg gut begleitet werden. Dafür möchte ich mich stärker einsetzen.
Dies war nur einer von unzähligen „Aha-Momenten“ für mich. Umso länger ich mich mit der Masterarbeit beschäftigte, umso besser verstand ich auch die EFW als Organisation in ihrer Komplexität, Vergangenheit und aktuellen Situation. Außerdem habe ich durch die Umfrage ein breitgefächertes Bild von den engagierten Frauen auf Bezirksebene erhalten, was mir aufgrund der Corona-Pandemie auf andere Art kaum möglich gewesen wäre.
Keine Kommentare