EFW international – der Blick in die weite Welt – nach Kamerun

Da sitzt sie vor mir, strahlend und vergnügt lachend, lebendig erzählend und doch hat sie alles verloren und sich durch abenteuerliche Flucht in Sicherheit bringen müssen.

Es ist Sister Claire aus Kamerun von der „Sisterhood Emmanuel“ und sie erzählt von ihrer Frauengemeinschaft, der zur Zeit 31 Schwestern unterschiedlichen Alters angehören.

Bereits in den 1970er Jahren hatte sich diese Frauengemeinschaft in Makak/Westkamerun im anglophonen Teil gegründet und ist dann 1975 nach Bafut umgezogen. Begleitet wurde die Gemeinschaft bis 1990 von Bruder Gerhard Rihm, Pfarrer und Seelsorger. Fünfmal am Tag treffen sich die Schwestern zu Andacht und Gebet im Kirchenraum. Heute leben noch vier Schwestern aus der Gründungszeit.

2013 konnte ich mit einer Delegation aus dem Kirchenbezirk Tübingen einen Besuch im Grasland in Bafut bei den Schwestern machen. Wir waren beeindruckt und gerührt, wie liebevoll und schön die Frauen mit wenigen Mitteln ihr Kloster und ihr Anwesen gestaltet hatten. Wege, kleine Gärten, das Kloster mit Schlafräumen und ein Gästehaus gab es da zu bestaunen. Aber nicht genug: Es waren afrikanische Öfen gebaut worden, in denen Brot und Kuchen für das Kloster und zum Verkauf in der Umgebung gebacken wurden. Dazu mitten im trockenen, heißen Grasland zwölf Kühe, die zusammen gerade mal soviel Milch wie eine deutsche Kuh erbrachten, aus der köstlicher Joghurt, wahrscheinlich der beste in ganz Afrika hergestellt wurde und den wir zur Erfrischung angeboten bekamen.

Die eigene Hostienbäckerei versorgte die Umgebung. Die Näherei stellte Paramente und liturgische Stolen her. Und als Höhepunkt die sozialen Projekte, die die Schwestern ermöglichten: ein Kinderheim für behinderte Kinder und Jugendliche, fast einmalig diese Arbeit in Afrika, die versorgt und vor allem auch in Näherei und Werkstatt ausgebildet wurden; dazu Hausbesuche in den umliegenden Dörfern bei Familien mit behinderten Kindern. Um die Kinder vom Boden wegzubekommen wurden Rollstühle vermittelt und einfache Behinderten-Toiletten in den Wohnungen eingebaut. Wir kamen damals aus dem Staunen nicht heraus, mit welcher Lebensfreude und welchem Gottvertrauen alle bei der Arbeit waren, wir konnten uns kaum trennen und zurückfahren aus diesem kleinen Paradies.

Aber dann begannen 2017 die Unruhen zwischen der anglophonen und der frankophonen Region, die sich inzwischen zu einem schrecklichen Bürgerkrieg ausgeweitet haben. Die Schwestern gerieten zwischen die Fronten von frankophonem Militär und anglophoner Opposition, Freiheitskämpfer, die sich nun Amba-Boys nannten und ein freies Ambazonien gründen wollten. Da sich die Freiheitskämpfer in den umliegenden Wäldern des Klosters versteckt hatten, kam es auch immer wieder zu direkten Auseinandersetzungen der Amba-Boys mit der Armee – mit Toten auf beiden Seiten. Beide Seiten bedrohten die Schwestern, engten ihr Leben und Arbeiten immer mehr ein und forderten Geld und Versorgung mit Lebensmittel, so dass die Schwester selbst zeitweise fast nichts mehr hatten. Durch das monatelange Ausgehverbot konnten zudem die Felder nicht mehr bebaut werden.

Schweren Herzens entschieden sich die Schwestern, das Kloster in Bafut vorrübergehend aufzugeben und in den frankophonen Teil des Landes zu fliehen. Zuerst wurden die fünf älteren gebrechlichen Schwestern evakuiert. Sie fanden Aufnahme im Benediktinerinnen-Kloster in Babété. Priorin Sr. Shalom entschied, als sich die Situation weiter verschärfte, dass alle Bafut verlassen sollten. In einem abenteuerlichen Marsch über die Berge flohen sie in die frankophone Region und nahmen Zuflucht in Akum und Babété. Dort sind nun auch die Hostien-Produktion und die Näherei.

Von der PCC (Presbyterian Church in Cameroon) bekamen die Schwestern Land in Foumbot, das nicht weit entfernt von Babété liegt. Mit großzügigen Zuwendungen einer Unterstützergruppe aus der Schweiz konnten sie dort eine bescheidene neue Station aufbauen, in der vergangenen Woche alle dorthin übersiedeln und ihre Arbeiten und Projekte neu aufbauen. Die Behindertenarbeit und ambulante Betreuung von Behindertengruppen wird von Akum aus weitergeführt.

Was aus dem ehemaligen Kloster und Gelände in Bafut wird, das in der Obhut des Fahrers, der beiden Nachtwächter und des Viehhirten gelassen wurde, wird sich zeigen.

Die Kirche von Foumbot

Das neue Domizil in Foumbot, im Hintergrund mit türkisem Dach

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Gurdun Keller-Fahlbusch
keller-fahlbusch@web.de

Gudrun Keller-Fahlbusch ist Diakonin und Präsidiumsmitglied bei den EFW. Sie war und ist vielfältig ehrenamtlich engagiert, insbesondere natürlich in der evangelischen Frauenarbeit. Besonders prägend waren für sie ihre Auslandsjahre in Gemeinden im Libanon und in der Türkei in Istanbul und Alanya an der Ostküste der Türkei. Hier wurde sie fest in die christliche Ökumene eingewoben.

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