Ich, gewoben in Gottes Geschichte

Angefangen hat es wahrscheinlich mit einem Mädchen-Bibelkreis und der Mitarbeit in der Kinderkirche nach der Konfirmation als ich 14 Jahre war. Nein es war noch früher, als meine Mutter mich als Kind zum ersten Mal zu einem Weihnachtsgottesdienst in die Pauluskirche in Heidenheim mitnahm. Ich war überwältigt von dem Kirchenbau, der festlichen Dekoration und Beleuchtung und dem gewaltigen Spiel einer Posaunengruppe, den vielen Menschen. Alles war festlich und heiter, die Menschen die uns grüßten freundlich, ich fühlte mich unscheinbares Mädchen wahrgenommen und ich spürte etwas von einer großen Verbundenheit und Zusammengehörigkeit und ahnte, dass es mehr als mein bisheriges Leben gab.

Hineinwachsen in die Gemeinde Gottes

Ich fühlte mich wohl in dieser „Gemeinde Gottes“ es ging weiter mit Kinderkirche und Jungscharmitarbeit, auf Freizeiten und ich wurde gefordert und gefördert von einer lieben alten Gemeindhelferin, „dem Fräulein“, wie wir sie nannten. Dann Kindergärtnerinnen Seminar in Herbrechtingen. Mit der Berufstätigkeit lernte ich weitere Kirchengemeinden mit ihren unterschiedlichen Verantwortlichen und Menschen kennen. Ein Glück, dass es dann das Bildungswerk Oberschwaben gab, mit interessanten aufgeschlossenen Menschen, die mich auch in schwierigen Zeiten bei der „Stange“ hielten, die prägend für meinen weiteren Weg waren und mit denen meine ehrenamtliche Arbeit als Evangelische Frau in Württemberg so richtig begann. 16 Jahre Bildungsarbeit für nicht erwerbstätige Frauen mit Kindern von 3 – 6 Jahren. 16 Jahre lang im Mai im Kloster Rot an der Rot eine Woche lang mit 16 – 20 Frauen und ihren Kindern, untergebracht in 2 Kindergärten die dort eingerichtet wurden, 16 Jahre lang mit unterschiedlichen Teams und kreativen Themen Freizeit, Informationen, Diskussionen, Auszeit, Ortsbestimmung, Rückblick auf das Gewordensein, Ermutigung für die kommende Zeit. Immer mittwochs kam die Pfarrerin der Frauenarbeit aus Stuttgart reihte sich ins Thema ein oder legte einen besonderen Schwerpunkt. Und die Abende im Klosterkeller, wenn alle Kinder im Bett waren und die Babyphone eingeschaltet waren…

Dann das Studium auf der Karlshöhe, um dann in Schule, Jugendwerk und Gemeinde in unterschiedlichsten Bereichen aktiv zu sein, unter anderem Frauenwochenenden im Advent, Mädchenarbeit, Weltgebetstag, zeitweise Mitarbeit im BAF Biberach. Mit dem damals noch unbekannten internationalen Frauencafé weitete sich dann der Blick und das Interesse über das Ländle und dann auch die Landesgrenzen hinaus.

Die arabische Welt, die die evangelische Gemeinde deutscher Sprache im Libanon umgab und schließlich dann die deutschsprachige Gemeinde in Istanbul mit der Frauenarbeit mit Frauen überwiegend aus bi-nationalen Familien, aber auch aus dem Flüchtlingsbereich. Förderung von geflüchteten jungen Frauen aus Syrien, Sozialarbeit und Unterricht am deutschen Gymnasium. Kürzlich erst als 10 Monats-Seelsorgerin im Ruhestand in Alanya an der Südküste der Türkei.

Einen weiteren Einblick in die weltweite Frauenarbeit bot die ehrenamtliche Mitarbeit in der Partnerschaft mit Kamerun; dort erlebte ich, dass ein örtliches Frauentreffen gut und gerne 200 – 300 Frauen versammelte. Bewegt von der enormen Einsatzbereitschaft, Mitarbeit und dem Engagement und der Kreativität der Frauen, der selbstbewussten Verkündigung und Übernahme von Verantwortung, schlicht dem Tun was gerade nötig war – ohne Diskussion, hat mich tief beeindruckt und manchmal auch beschämt, wenn ich die Ressourcen der Frauen dort bedachte und ihre Fröhlichkeit in aller Armut erlebte.

Reichliche Fülle

Eine reiche gefüllte Zeit und ich freue mich, dass auch ich fast 70 Jahre in dieser Geschichte Gottes mit den Menschen, den Frauen im Ländle verwoben war und immer noch darin verknüpft bin. Welchen Reichtum habe ich erlebt in der Begegnung und Auseinandersetzung mit den unterschiedlichsten Frauen und Menschen, manche waren schon verhaltensoriginell und machten mir Mühe, aber sich immer wieder zu erinnern, dass auch sie in Gottes Geschichte eingewoben sind, relativierte dann vieles. Daneben bereichern mich immer wieder neu Gottes Räume und Spielräume, Kirchen, Gemeindehäuser, Tagungsstätten, Friedhöfe und die vielen Möglichkeiten, die zur Begegnung mit Gott und seinen Menschen angeboten werden. Vor allem in Istanbul habe ich auch die christliche Ökumene entdeckt und lieben gelernt, das so unterschiedlich gelebte und verstandene Christentum in den vielen verschiedenen Denominatioen und manchmal meinen meine katholischen Geschwister dort, dass ich schon ein bisschen katholisch wäre.

Immer wieder einmal besuche ich „meine Pauluskirche“, dort wo für mich alles begann und schaue hinauf zur Empore, dort wo ich als Kind in meiner Kinderkirchgruppe saß. Dann erwachen all die vielen Erinnerungen, vor allem auch an meine geliebte Großmutter die als selbstlose liebevolle fromme Frau mir ihr Eingewoben sein in Gottes Geschichte erzählte und vorlebte.

Das bedeutet für mich “100 Jahre evangelische Frauen in Württemberg”: Gewoben in Gottes Hand.

 

Bilder: pixabay public domain

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Gurdun Keller-Fahlbusch
keller-fahlbusch@web.de

Gudrun Keller-Fahlbusch ist Diakonin und Präsidiumsmitglied bei den EFW. Sie war und ist vielfältig ehrenamtlich engagiert, insbesondere natürlich in der evangelischen Frauenarbeit. Besonders prägend waren für sie ihre Auslandsjahre in Gemeinden im Libanon und in der Türkei in Istanbul und Alanya an der Ostküste der Türkei. Hier wurde sie fest in die christliche Ökumene eingewoben.

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